Dem Hundetrainer drohen die Lichter auszugehen

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Nach 15 Jahren verlangt der Kanton plötzlich die Entfernung der Fluchtlichter auf dem Trainingsplatz in Uerkheim. Hundeinstruktor Ruedi Rothenbühler muss sich jetzt etwas einfallen lassen.

Von Flurina Dünki 

Border Collie Shayra flitzt den Hang hinauf, verschwindet zwischen den Bäumen auf der Krete. Sekunden später erbebt der Boden. Eine Herde von 20 Schafen rennt den Hang hinunter auf die Wiese, gefolgt von Shayra. Der Hund hält inne, lässt den Abstand zur Herde grösser werden, pfeilt dann wieder los, umkreist die Herde. Die Schafe reagieren auf jede Bewegung des Hundes: Sie rennen los, bleiben stehen oder wechseln die Richtung. Shayra ist Hütehündin. Ihre Halterin Anita Oettiger besitzt zusammen mit einer Kollegin eine Schafherde im Luzernischen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe für Hund und Mensch, für die regelmässige Trainings nötig sind. Dafür kommen sie einmal pro Woche hierher nach Uerkheim, wo sie Hundeinstruktor Ruedi Rothenbühler unterrichtet. Auch die Herde «Trainingsschafe» stellt er bereit.

Jeannette Bühler mit Hündin Sheera im Training mit dem Uerkner Hundeinstruktor Ruedi Rothenbühler.
© AZ/Chris Iseli

Instruktor seit über 25 Jahren
Der 60-jährige Ruedi Rothenbühler, der hauptberuflich als Zimmerman arbeitet, hat in den frühen 1990er-Jahren als Hundeausbildner angefangen. Seither hat er sich als solcher einen Namen gemacht. 25 Kunden kommen zu den Trainings, die er zweimal die Woche auf seinem Stück Land oberhalb des Dorfkerns im Uerkner Teufental gibt. Viele davon sind Schafherdenbesitzer aus der Region, einige reisen extra aus Deutschland nach Uerkheim. «Wir müssen inzwischen viele Leute abweisen, weil wir ausgelastet sind», sagt Rothenbühler.

Doch gerade dieser Erfolg hat dazu geführt, dass die Weiterführung der Hundetrainings nun in Gefahr ist. Als sich immer mehr Schafbesitzer für Rothenbühlers Ausbildungen interessierten, installierte er rund um die Wiese Flutlichtkandelaber, denn die meisten Kurse finden nach Sonnenuntergang statt. Das Problem: Das Trainingsland im Teufental liegt in der Landwirtschaftszone, teilweise gar in der Landschaftsschutzzone, wo Bauten die Zustimmung vom Kanton erfordern.

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Bilder: Chris Iseli

Beide Gesuche abgelehnt
Beim Erstellen der Beleuchtung vor rund 15 Jahren stellte Rothenbühler kein Baugesuch, eine lange Zeit blieb dies ohne Konsequenzen. Bis vor ein paar Monaten der Kanton davon hörte und bei der Gemeindeverwaltung anklopfte. Dem Hundetrainer wurde zum Einreichen eines Baugesuchs geraten, was dieser tat und gleichzeitig um die Erlaubnis zur Umnutzung des Schafunterstands in einen Pausenraum ersuchte. Mitte September kam der Entscheid des Kantons: Beide Gesuche wurden abgelehnt.

Der Unterstand sei weniger das Problem, so Rothenbühler: «Bei Kälte können wir ja die Hände in die Hosensäcke stecken.» Dass die Kandelaber entfernt werden müssen, macht ihm jedoch Sorgen. Vor allem im Winterhalbjahr finden alle Trainings in der Dunkelheit statt. «Ich weiss noch nicht genau, wie wir das lösen können», sagt Rothenbühler. Der Hund könne natürlich auch in der Dunkelheit mit der Herde arbeiten, doch ohne Sichtkontakt sehe man nicht, ob er alles richtig mache.

Tatsächlich braucht Shayra von Anita Oettiger dauernd Befehle zugerufen: «Lay down» befiehlt sie der Hündin, wenn sie zu nahe an der Herde ist. «Das darf der Hunde nicht, weil die Schafe sonst in alle Richtungen rennen», erklärt Rothenbühler. Teilen darf sich die Herde nur, wenn es von Mensch und Hund so gewollt ist. «Shedding», ruft die Halterin dafür dem Hund rüber, wobei der die Gruppe augenblicklich in zwei Hälften teilt.

Ein Moment höchster Konzentration für den Hund, denn manche Schafe haben ihren eigenen Kopf. Eines kann sich nicht entscheiden, welcher Hälfte es sich anschliessen soll, rennt zwischen den Grüppchen hin und her. «Schon ein einziges verloren gegangenes Schaf wäre schlimm für einen Schafbesitzer», sagt Rothenbühler. «Der Hund muss deshalb darauf trainiert werden, jedes Tier, das sich entfernt oder zurückbleibt, wieder zu den anderen zu bringen, auch wenn er dafür die Herde kurz ausser Acht lassen.

Als junger Mann hatte Rothenbühler den Bauernhof der Eltern übernommen, die auf der Wiese im Teufental Kühe weiden liessen. «Als Zimmermann lag mir aber die Milchproduktion zu wenig, deshalb sattelte ich auf Schafherden um.» Auch heute besitzen die Rothenbühlers noch Schafherden zur Fleischproduktion.

Die Tiere, die heute auf der Teufentaler Wiese grasen, müssen kein Schlachtmesser fürchten. Sie werden speziell fürs Training gebraucht. Wie er in Zukunft die Wiese erleuchten soll, weiss er noch nicht. Viele seiner Kunden sind Bauern, deren Hunde mit Nutztieren arbeiten. Da sich die meisten erst abends Zeit frei machen können, kann das Training nicht unter Tags stattfinden. «Wir müssen uns etwas einfallen lassen.»